Eine 2018 erschienene Studie aus dem Journal of Sports Sciences hat sich mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss es auf die Griff- und Armbeugemechanik sowie die koordinative Ansteuerung hat, wenn Klimmzüge an verschiedenen Klettergriffen durchgeführt werden. Die Untersuchungsergebnisse seien im Folgenden dargestellt.
Im Anschluss habe ich einige praxisorientierte Überlegungen zum Klimmzugtraining fürs Klettern formuliert.
Klimmzüge an großen, leicht zu haltenden Klettergriffen ähneln sehr stark jenen an einer Reckstange. Hält sich der/die Kletternde jedoch an kleineren Griffen, so verändert sich das koordinative Bild und die maximal aufgebrachte Kraft (in Newton) sinkt, je minimalistischer die Griffe werden. Auch die Form des Kraft-Zeit-Verlaufs ändert sich dabei. Je kleiner die Griffe, desto größer wird außerdem der Faktor Ermüdung der Fingerbeuger.
Foto (c) Paul Lewandowski
Eine Messung ergab, dass Elitekletterer mit ihren Armmuskeln eine Leistung von ca. 1350 Watt erbringen können, während Neueinsteiger nur rund 40 Watt erreichten.
Eine gute Klettertechnik ist wichtig, um möglichst energiesparend nach oben zu kommen. In schwereren Routen reicht dies jedoch bei Weitem nicht aus: Griffkraft und die Fähigkeit, sich aus den Armen zum nächsten Haltepunkt hoch zu ziehen, sind elementare Voraussetzungen für eine gute Kletterleistung.
Was die Kraftentwicklung in den Fingern betrifft, so ist diese bei sehr kleinen Griffen am geringsten. Schon bei geringfügig größeren Haltemöglichkeiten nimmt die maximale Kraftfähigkeit stark zu, wobei sehr große Henkel nur mehr eine etwas höhere Kraftentwicklung zulassen als mittelgroße Griffe.
Für das hier vorgestellte Experiment wurde bei 10 Kletterern (Fähigkeit 7c bis 8b+) ermittelt, wie viele Klimmzüge sie bei 6 verschiedenen Griffgrößen absolvieren können. Dabei wurde mit einem Kraftsensor die maximale entstandene Kraft sowie der Kraftverlauf aufgezeichnet. Des Weiteren wurde die elektrische Erregung des Biceps und Triceps brachii und der Unterarmmuskulatur mittels Elektromyografie (EMG) gemessen.
Foto (c) Paul Lewandowski
Aus den oben angeführten Studienergebnissen ist zu schließen, dass ein „Standard-Klimmzug“ an einer Reckstange mit den spezifischen Anforderungen einer Kletterroute tatsächlich eher wenig zu tun hat, wenn auch die dabei beanspruchten Muskelgruppen grundsätzlich die selben sind.
Die Bewegungsabläufe in einer Kletterroute bestehen selten aus beidarmigen, symmetrischen Armzügen an großen Griffen. Viel mehr herrscht eine Mischung aus statodynamischen Bewegungsfolgen in verschiedensten Gelenkswinkeln und mit diversen Griffvarianten vor, welche die Mechanik und Kraftentwicklung beeinflussen.
Pull-Ups an kleinen Griffen haben den Vorteil, dass sie die tatsächlichen Anforderungen der Sportart eher treffen. Allerdings ist an schmalen Leisten – wie die oben zitierte Studie zeigt – eher die Fingerkraft leistungslimitierend als die beim herkömmlichen Klimmzug hauptbeanspruchten Armbeuger.
Für die Praxis ergibt sich daher:
Beide Varianten (Klimmzug klassisch und kletterspezifisch) müssen zur optimalen Leistungsentwicklung im Training Platz finden!
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